Das Farocki-Forum am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich ist ein Forschungsschwerpunkt zum Dokumentarfilmer und Künstler Harun Farocki (1944–2014). Ausgehend von Farockis Denken geht es um Perspektiven, die er eröffnet hat: auf Bildkritik, Arbeitskonzepte und vieles mehr. Das Farocki-Forum lädt einmal pro Semester zu einer Veranstaltung ins Filmpodium.
Spieldatum: Mo, 27.11., 18:00
Das neue Buch des Berliner Kunsthistorikers und Kulturwissenschaftlers Tom Holert trägt den Titel «ca. 1972. Gewalt – Umwelt – Identität – Methode». Der Text/Bild-Essay zeichnet die vielfältigen und widersprüchlichen Aufschübe, Aufbrüche und Ausschweifungen der räumlich-zeitlichen Konstellation «ca. 1972» nach. Als Leitfaden dient die Frage nach den (Un-)Möglichkeiten radikalen Wissens und Handelns. Zu den Stationen des multidirektionalen Parcours gehören Gefängniszellen in Mosambik, die indigene «Tent Embassy» in Canberra, eine Ausstellung schwarzer Künstlerinnen in Brooklyn, ein Ausbildungscamp des Vietkong oder die erste Umweltkonferenz der Vereinten Nationen in Stockholm. Auch die globalen Effekte der maoistischen Kulturrevolution waren «ca. 1972» noch sehr spürbar. In diesem ideologischen Kontext reiste Michelangelo Antonioni nach China. Sein Film bietet Gelegenheit, die damals wirkenden politisch-ästhetischen Fliehkräfte nach 50 Jahren einer Relektüre zu unterziehen.
Einführung in den Film und Gespräch: Tom Holert
Nach dem kommerziellen Misserfolg Zabriskie Point (1970) und einigen gescheiterten Projekten nahm Michelangelo Antonioni 1972 einen Auftrag des italienischen Fernsehens an, das fernöstliche «Reich der Mitte» (so die Übersetzung des Titels) zu bereisen und filmisch zu dokumentieren. Da sich das Land nach der von Mao 1966 angeordneten Kulturrevolution gegenüber dem Westen abgeschottet hatte und es nur wenige Bilder aus der Volksrepublik gab, nutzte Antonioni die Gelegenheit, zu seinen dokumentarischen Anfängen zurückzukehren. Aus über 40 Stunden Filmmaterial kondensierte der Regisseur einen mehrteiligen TV-Film sowie eine eigenständige Kinofassung. Der von den chinesischen Offiziellen harsch kritisierte Reisebericht blieb eine Ausnahmeerscheinung in der Filmografie Antonionis, der mit Professione: Reporter zur Fiktion zurückkehrte.
Drehbuch: Michelangelo Antonioni, Andrea Barbato
Kamera: Luciano Tovoli
Musik: Luciano Berio
Schnitt: Franco Arcalli
Mit: Michelangelo Antonioni (Erzähler)
128 Min., Farbe, 35 mm, deutscher Voiceover